Wurzeln, Tricks und leise Taktiken
Wenn wir an Intelligenz denken, kommen uns meist Menschen oder Tiere in den Sinn – aber was ist mit Pflanzen? Neueste Forschungen zeigen: Pflanzen sind viel klüger, als wir lange dachten. Sie hören, riechen, kommunizieren und treffen sogar strategische Entscheidungen.
Pflanzen mit erstaunlichen Fähigkeiten
Wissenschaftler entdecken immer mehr Beweise dafür, dass Pflanzen über erstaunliche Sinne verfügen. Während der Mensch fünf klassische Sinne kennt, haben Pflanzen bis zu 15 zusätzliche Sinne – darunter Sensoren für Schwerkraft, Gifte und elektromagnetische Felder.
Mimosen merken sich, ob eine Berührung gefährlich ist oder nicht.
Erbsenpflanzen reagieren auf Geräusche und können Wasserquellen aufspüren.
Goldruten passen ihr Wachstum an, um Fressfeinden zu entgehen.
Diese Fähigkeiten helfen Pflanzen nicht nur beim Überleben, sondern zeigen auch eine Form von „Intelligenz“, die sich von unserer unterscheidet.
Kommunikation im Pflanzenreich
Pflanzen können miteinander „reden“ – allerdings nicht mit Worten, sondern mit chemischen Signalen. So warnen sie Nachbarn vor Schädlingen oder locken gezielt Helfer an. Manche Pflanzen geben Duftstoffe ab, um Insektenfeinde ihrer Fressfeinde anzulocken – ein hochstrategisches Verhalten.
Das Gurken-Roboter-Experiment
Ein besonders eindrucksvolles Beispiel für die „Intelligenz“ von Pflanzen ist ein Kunst- und Forschungsprojekt aus Slowenien: Gurkenpflanzen wurden mit einem Roboter verbunden, der auf ihre Bewegungen reagierte.
Die Gurke streckte ihre Ranken nach einer Kugel aus, an der sich die Pflanze festhalten konnte. Der Roboter bewegte die Kugel – und die Gurke passte ihre Strategie sofort an. Sie lernte, wie sie die Kugel erreichen konnte, während der Roboter wiederum seine Bewegungen veränderte.
Das Ergebnis: Pflanze und Maschine traten in eine Art Dialog. Die Gurke reagierte flexibel, der Roboter passte sich an – ein faszinierendes Beispiel für Interaktion zwischen Natur und Technik.
Dieses Experiment zeigt: Pflanzen handeln nicht starr nach Programmen, sondern können sich aktiv an neue Situationen anpassen.
Anpassung statt freier Entscheidung
Es gibt noch viele weitere Beispiele dafür, wie Pflanzen ihr Verhalten anpassen und dabei Fertigkeiten wie Beobachten, Vergleichen, Lernen und strategisches Planen offenbaren, die sich getrost dem kognitiven Bereich zuordnen lassen. Doch deswegen muss man sie nicht als intelligent oder klug bezeichnen.
Man kann es tun, wenn man Intelligenz in erster Linie als Anpassungsfähigkeit betrachtet und Klugheit als Fähigkeit, in unterschiedlichen Problemsituationen das Richtige zu tun. Doch wer dabei an die durstige Krähe denkt, die nach einigem Zögern ein Steinchen nach dem anderen in ein Glas Wasser wirft, damit der Pegel darin steigt und sie davon trinken kann, sollte besser nach anderen Begriffen suchen. Denn Pflanzen können nicht verstehen, wo das Problem liegt, und überlegen, welche Handlungsoptionen sie haben, und sich dann – mehr oder weniger frei – für eine von ihnen entscheiden.
Pflanzen haben zwar mehr Möglichkeiten, als wir ihnen oft zutrauen, doch sie wählen nicht die richtige davon, sondern diese wird nach einem vorgefertigten Muster abgespult, weil die passenden Voraussetzungen dafür vorliegen.
Was bedeutet das für uns?
Für uns als Gartenliebhaber und -gestalter sind die Fähigkeiten von Pflanzen – besonders aufgrund Ihrer Anpassungsfähigkeiten - faszinierend. Jede Pflanze ist ein kleines Wunder – mit Skills, die unser Verständnis von Natur erweitern.
Wer seinen Garten pflegt, sollte Pflanzen daher nicht nur als Dekoration sehen, sondern als lebendige Wesen, die ständig wahrnehmen, reagieren und sich anpassen.
Quellen
Jörg Zittlau: Der IQ der Gurke. In: Psychologie Heute, Ausgabe 09/2025. psychologie-heute.de
Stefano Mancuso, Alessandra Viola: Die Intelligenz der Pflanzen. Kunstmann Verlag, 2015.
Zoë Schlanger: Die Lichtwandler. Wie Pflanzen uns das Leben schenken. S. Fischer, 2024.